Der Wolf hat sich über Jahrtausende nicht geändert, der Mensch hat sich geändert. Menschen haben im Allgemeinen eine genaue Vorstellung über die Natur und daraus folgte auch die Verdammnis des Wolfes und die derzeitigen Diskussionen über seine Rückkehr.
Eine Spezies von Gottes Kreatur
Den Wolf als Mitgeschöpf zu akzeptieren fällt Vielen heute noch schwer. Schlägt man die Naturgeschichte des 15. 16. 17. 18. und 19. Jahrhunderts auf, dann weiß man, wie seine Ausrottung gelang. Seiner Geschwindigkeit und Intelligenz versuchte man mit Giften (Strychnin, Samen der Brechnuss…), Stricken, Fallen, mit seinen Verwandten, den Hunden und mit Schusswaffen den Garaus zu machen. Geschichten über Werwölfe und ihre Verbindungen zu bösen Hexen, deren Reiche am sumpfigen Eingang zur Hölle liegen, haben den Wolf endgültig ins Reich des Bösen verdammt. Verdrängt wurde das Wissen, dass die Bekleidung des Schamanen mit den Fellen angesehener Tiere kultischen Zwecken diente und Wolfsfeste Fruchtbarkeitsrituale gewesen sind.
Über Werwölfe lässt sich im „Hexenhammer“, der 1487 von einem Dominikanermönch verfasst wurde, einiges über die Dämonisierung seine nachlesen. Umständlich und ausschweifend wird des Teufels Blendwerk in Tiergestalt beschrieben. Der Symbolismus des Wolfes im Neuen Testament wurde geschickt umgangen. Wir lesen in der Bibel über die wehrlose Schafherde, den Hirten und den Störefried Wolf.
Lange bevor die Kirche den Wolf in ihr Gruselkabinett aufgenommen hat, finden wir den Werwolf in Ovids „Metamorphosen“, wir finden ihn unter anderem bei Herodot und bei Plinius.
Offensichtlich brauchte und braucht der Mensch Spiegelbilder seiner eigenen Dämonien und seines eigenen negativen sozialen Selbst. Der Wolf wird ins Außen gestoßen, nach Draußen verbannt.
Der Wolf im Heilschamanismus
In der nordischen Kosmologie werden wir mit den Qualitäten der Zeit- und Raumlosigkeit reichlich beschenkt. Diese ging weit über den derzeitigen engen Denkrahmen hinaus. Unsere Ahnen wussten um die Wirkungen von Energien, über den Zusammenhang von Seele und Geist, in der irdischen Realität und im nachtodlichen Leben.
Folge ich ihren Spuren, begegne ich dem Fenrirwolf, der nach Beschluss der Götter, wegen seiner Gefährlichkeit an die Kette Gelgja angepflockt wurde. Der Pflock war tief in der Erde verankert. Steht die Kette für die menschlichen Schattenwelten, die immer wieder in den Tiefen verschwinden und dort angebunden werden? Fenrir verkörpert das Verschlingende, das Jeder, soweit wir aus der Tiefenpsychologie wissen in sich trägt.
Wölfe bezogen sich auf Tod und Töten und dieser Glaube hat sich bis heute in vielen Köpfen festgesetzt. Soweit ich diese Kosmologie verstehe, wurden Wölfe als Todbegleiter gesehen. Sie standen für das Gesetz des Sterbens, sind Symbole für die Welt der Toten. Heute wird der Tod mehr denn je verdrängt. Ein Beispiel dafür, wie sehr der Mensch sich vor seiner eigenen Endlichkeit fürchtet war die Pandemie, in der mit dieser verdrängten Todesangst operiert und manipuliert wurde.
Als Todes- und Seelenwölfe verkörpern sie die Totenwelt, in welcher Materielles vom Geistigen verschlungen wird. Wölfe fressen Fleischreste, sie nagen das Fleisch von den Knochen. Aus dieser Sichtweise heraus haben sich viele schamanische Reinigungsrituale entwickelt.
Der Zeitenwandel wurde in dieser nordischen Kosmologie mittels zweier Wölfe beschrieben. Hati, der Mondhund und Hasser, der letztlich den Mond verschlingt und Sköll, die trügerische Bosheit, der am Ende die Sonne verschluckt. Materienkosmos löst sich im Geistigen auf, um als keimendes neues Leben wiederzukommen.
Tötende Aspekte des obersten Gottes finden wir dargestellt im Wolf Geri, den Gierigen und im Wolf Freki, dem Heißhungrigen. Sie sind seine Begleiter und bewachen die Götterburg Walhall. Der Gierige trinkt Blut, der Heißhungrige frißt den Weizen Ihr Feld sind die Kriegsschauplätze.
Schamanische Traditionen und Kosmologien beschäftigen sich mit den seelisch geistigen Welten, während unsere derzeitige Wissenschaft sich ausschließlich mit der Erforschung des Universums beschäftigt und alles andere negiert oder verspottet. Einzig in der Physik finden wir Aussagen über Paralleluniversen und zumindest im Hintergrund wird darüber diskutiert.
Der Wolf, das verkannte und verfolgte Tier ist im Heilschamanismus ein wesentliches Ahnentier, der Schamaninnen und Schamanen in geistige Realitäten begleitet. Sich mit ihm zu verbünden heißt ein nährendes, fürsorgliches, freies, wildes, sensibles, intuitives Wesen als Begleitung zu haben!
Diskussionen heute
Regina Hruska „Könnte es sein, das Wölfe für die Menschheit ein unverstelltes, naturverbundenes Leben bedeuten? Könnte es bedeuten „Wir und die anderen“? Könnte sich ein Leben entwickeln, das um Sein kreist und nicht um Haben und Wollen, Zählen, Vermessen, Verwalten und Streiten?“
Der Wolf ist ein Naturerbe, der die Herrschaft des Menschen über die Natur verweigert. Er kam als ein Pfeiler der Natur in einer Zeit zurück, in der die natürlichen Netze der Natur immer mehr zerstört werden. Er ist Mahner und Botschafter und es würde ihm reichen, nicht umgebracht zu werden.